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«Wenn man sich endlich Gedanken zur beruflichen Vorsorge macht, kann es schon zu spät sein»

Wenn Versicherte in der beruflichen Vorsorge eine falsche Entscheidung treffen, müssen sie womöglich bis zum Ende ihres Lebens mit den Konsequenzen klarkommen. Damit das nicht passiert, engagieren sich unsere Fachexperten Manuel Gerhard und Carlo Hitz ehrenamtlich für den Verein «BVG-Auskünfte» und damit für die Aufklärung der Bevölkerung.
«Wenn man sich endlich Gedanken zur beruflichen Vorsorge macht, kann es schon zu spät sein»
Der unabhängige Verein «BVG-Auskünfte» bietet schweizweit kostenlose Beratungen rund um die berufliche Vorsorge. Die Beraterinnen und Berater sind ehrenamtlich tätig und leisten zusätzlich Mitgliederbeiträge. Diverse Pensionskassen, Banken, Verbände, Beratungsunternehmen und Versicherungen unterstützen den Verein durch Sponsoring. Auch Zurich und Vita unterstützen diesen Service. Zudem bieten Zurich und Vita einen vergleichbaren Service für engagierte Unternehmen an: die Personalorientierungen «Vita Mobil». Im Interview verraten die Experten, worauf es ankommt.

Sie engagieren sich seit vielen Jahren für das Thema der beruflichen Vorsorge, unter anderem bei dem kostenlosen Informationsangebot des unabhängigen Vereins «BVG-Auskünfte». Gab es ein Gespräch, das Sie besonders beeindruckt oder berührt hat?

Manuel Gerhard: Jedes Gespräch ist auf seine Art einzigartig, da es sich um sehr individuelle Fragestellungen handelt. Genau darin liegt auch die Freude, im Verein «BVG-Auskünfte» aktiv mitzuwirken. In Erinnerung geblieben sind mir alle Versicherten, die nach über 20 Dienstjahren bei ihrem Arbeitgeber kurz vor der Pensionierung die Kündigung erhalten haben. In einem Fall liess sich die versicherte Person ihre Freizügigkeitsleistung auszahlen und erhielt danach keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr. Damit so etwas nicht passieren kann, ist es wichtig, sich so früh wie möglich bei den «BVG-Auskünften» beraten zu lassen.

Carlo Hitz: Als ich vor 16 Jahren nach einem Termin mit unserem damaligen Stiftungsratspräsidenten Martin Hubatka nach Hause fuhr, erzählte er mir, er habe den Verein «Unentgeltliche Auskünfte für Versicherte von Pensionskassen» gegründet, sei dort Präsident und erteile auch selbst Auskunft. Einige Kilometer und Sätze später war ich Feuer und Flamme – und seither engagiere ich mich ebenfalls.
Es gibt viele Beratungsgespräche und Schicksale, die mich bewegt haben: zum Beispiel eine ältere Frau, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet hat, jedoch immer in einem Teilzeit-Pensum. Sie wollte von mir wissen, wie ihre Rente aussieht. Aufgrund des Teilzeit-Pensums fehlte nicht nur das Geld in der Pensionskasse, sie konnte auch privat nicht sparen. Daher reicht es nun in der Pensionierung nicht – und kurz davor kann man auch nicht mehr viel machen. Es blieb ihr nur die Möglichkeit, bei der Gemeinde Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen zu beantragen. Solche Gespräche sind schon sehr berührend.

Was sind allgemein typische Fragen der Versicherten, welche Themen liegen den Menschen im Zusammenhang mit der Altersvorsorge besonders am Herzen?

Manuel Gerhard: Oftmals stehen die Versicherten vor der Herausforderung, dass ihnen unmittelbar vor der Pensionierung gekündigt wurde und sie nun nicht wissen, was die Folgen für ihre Altersvorsorge sind. Seit Einführung des Art. 47a BVG Ende 2020 können Versicherte ab dem 58. Altersjahr, welche gekündigt wurden, in ihrer Vorsorgeeinrichtung verbleiben. Dies verschafft ihnen Luft, um die nächsten Pensionierungsschritte sauber zu planen. Die Versicherten wissen jedoch in der Regel nichts davon, was unsere Aufgabe umso wichtiger macht. Ein anderes wichtiges Thema, welches die Versicherten beschäftigt, sind Fragestellungen rund um die flexible Pensionierung.

Carlo Hitz: Es gibt einen riesigen Blumenstrauss an Fragen, welche jeweils gestellt werden – da ist es schwierig, diese zu kategorisieren. Immer wieder erhalte ich Fragen zu folgenden Themen: Pensionskassen-Einkauf, Umwandlungssatz, Arbeiten nach dem 65. Altersjahr, IV-Bezug, Kapital oder Rente. Unternehmer fragen zuweilen, was sie tun sollen, wenn keine Pensionskasse sie annehmen will. Letztlich hat aber jeder Mensch eine andere Lebenssituation und somit auch andere Bedürfnisse. Daher könnte man die Liste mit unzähligen weiteren Punkten ergänzen. Viele Personen haben sich auch bereits bei der eigenen Pensionskasse informiert und möchten nun noch eine fundierte Zweitmeinung bei unserem Verein einholen.

Als wie gut schätzen Sie das Wissen der Versicherten allgemein ein?

Manuel Gerhard: Das Wissen schätze ich im Allgemeinen als gering ein. Dies ist aber mitunter verständlich, weil das Thema Sozialversicherungen, insbesondere berufliche Vorsorge, weder in der obligatorischen Schule noch später breit vermittelt wird. Es gibt in Sachen Aufklärung noch sehr viel zu tun. Mit dem Verein «BVG-Auskünfte» versuchen wir, diese Wissenslücken zu schliessen. Wir erreichen leider nur einen Bruchteil der Bevölkerung. Dass sich Zurich und Vita auf diesem Gebiet ebenfalls einbringen, finde ich sehr gut. Jede versicherte Person, der wir mehr Wissen vermitteln können, ist für uns ein Erfolg.

Carlo Hitz: Auch ich stelle fest, dass der Kenntnisstand relativ tief ist und die wichtigen Zusammenhänge nicht verstanden werden. Das merkt man auch oft bei Diskussionen über eine mögliche BVG-Gesetzesrevision. Diese ist zwar notwendig, das Thema ist aber für die Versicherten sehr komplex. Viele schätzen die Altersvorsorge als noch nicht dringend ein – «das ist noch weit weg» – und priorisieren sie somit für sich zu wenig.

«Fairplay»-Studie bestätigt Wissensdefizite der Bevölkerung

Die «Fairplay»-Studie des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag von Zurich Schweiz und Vita zeigt klar auf, dass es punkto BVG grosse Wissenslücken in der Bevölkerung gibt: Zum Beispiel wissen nur 17 Prozent der Erwerbsbevölkerung genau, welche Geldsumme sie bisher in der Pensionskasse angespart haben. Weil das Bewusstsein für die 2. Säule fehlt, wird ihre Bedeutung unterschätzt.

Welche Auswirkungen hat das fehlende Wissen? Inwieweit kann ich als Angestellte oder Angestellter überhaupt meine berufliche Vorsorge beeinflussen?

Manuel Gerhard: Das fehlende Wissen hat enorme Auswirkungen auf die Gestaltung der Pensionierung. Wenn man sich endlich Gedanken dazu macht, ist es oft bereits zu spät. Dabei gilt: Je früher man sich mit der Vorsorge auseinandersetzt, desto flexibler kann man sie seinen Bedürfnissen anpassen, zumal sich diese auch im Verlauf des Lebens ändern können. Idealerweise würde das Thema Sozialversicherungen bereits im Lehrplan der Primarschulen aufgenommen, um frühzeitig BVG-Know-how aufzubauen. Ich finde es sehr gut, dass sich Vita – berufliche Vorsorge bereits für die Aufklärung der Bevölkerung stark macht.
Übrigens könnten sich Versicherte bei ihren Arbeitgebenden viel stärker für ihre berufliche Vorsorge engagieren, als sie vermuten. Sie können mit ihren Anliegen an den Stiftungsrat oder die Vorsorgekommission gelangen. Oder sie können selber für eine Position im Stiftungsrat oder in der Vorsorgekommission kandidieren.

Carlo Hitz: Fehlendes Wissen kann gravierend sein. Denn wenn sich jemand erst vor der Pensionierung, nach einer Kündigung, bei einem Todesfall oder bei Invalidität darum kümmert, stellt man leider oft fest, dass die Leistungen nicht ausreichen. Darum ist es für Angestellte enorm wichtig, die Leistungen aus der Pensionskasse beim Vorstellungsgespräch anzusprechen und zu diskutieren. Denn nur dort lässt sich punktuell noch etwas machen: Sie können die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber auf den Vorsorgeplan ansprechen oder für sich entscheiden, ob sie den Job annehmen oder nicht.

BVG ist meist kein Thema bei Anstellung

Wie die «Fairplay»-Studie des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag von Zurich Schweiz und Vita zeigt, hat die Vernachlässigung der 2. Säule auch Auswirkungen im Bewerbungsprozess: Diejenigen Befragten, die in den vergangenen zehn Jahren eine neue Stelle angenommen haben, machten die Vorsorge meistens nicht zum Thema: Gerade einmal 18 Prozent thematisierten die berufliche Vorsorge im Laufe des Bewerbungsprozesses.

Es gibt offensichtlich Aufklärungsbedarf. Welche Rolle können die Arbeitgebenden dabei spielen? Welche Möglichkeiten haben sie, um das Wissen und die Altersvorsorge ihrer Mitarbeitenden zu stärken?

Manuel Gerhard: Meinem privaten Umfeld habe ich ans Herz gelegt, bei Vorstellungsgesprächen unbedingt die berufliche Vorsorge zu thematisieren und sich einen Überblick über die Leistungen zu verschaffen. Allerdings habe ich feststellen müssen, dass selbst die Arbeitgebenden oft ihre eigene Vorsorgesituation nicht kennen und auf solche Fragen kaum vorbereitet sind. Eine weitere Möglichkeit: Mitarbeitende aus dem HR können sich im Bereich BVG weiterbilden und dafür sorgen, dass die Versicherten regelmässig geschult werden. Ich selber betreue einige Firmenkunden, bei denen wir jährlich eine Personalorientierung durchführen. Dabei erklären wir das schweizerische Vorsorgesystem mit Fokus auf die berufliche Vorsorge. Zudem erläutern wir den Versicherten ihre Leistungen und weisen auf die verschiedenen Möglichkeiten hin, wie und wann sie ihr Sparguthaben verwenden können.

Carlo Hitz: Aus meiner Sicht spielen die Arbeitgebenden eine zentrale Rolle für die Sensibilisierung der Mitarbeitenden. Das Vorstellungsgespräch bietet die erste Möglichkeit, über den Vorsorgeplan zu informieren und zusätzliche Leistungen als ergänzende Lohnbestandteile aktiv zu präsentieren. Aber auch nach der Anstellung bieten sich vielfältige Möglichkeiten, z.B.

Welchen Benefit haben die Unternehmen, wenn sie sich für eine starke berufliche Vorsorge einsetzen?

Manuel Gerhard: Sie zeigen ihre soziale Verantwortung gegenüber den Angestellten. Wer überdurchschnittliche Pensionskassenleistungen bietet, sollte dies unbedingt prominent kommunizieren. Dies hilft einerseits bei der Akquisition von Talenten und bindet andererseits bestehende Mitarbeitende an das Unternehmen – sofern die Thematik verständlich und korrekt vermittelt wurde. Denn nur so wird den Mitarbeitenden der Mehrwert auch bewusst.

Carlo Hitz: Arbeitgebende finden aus meiner Sicht einfacher gute Mitarbeitende, wenn sie in der beruflichen Vorsorge mehr als nur das Minimum bieten – und dies im Stelleninserat auch aktiv bewerben. Von Zusatzleistungen wie erhöhten Sparbeiträgen profitieren übrigens auch die Arbeitgebenden: Denn alles, was in die Vorsorgeeinrichtung einbezahlt wird, muss das Unternehmen nicht versteuern, wie im Art. 81 BVG zu erfahren ist.

Das bietet eine Personalorientierung von Zurich und Vita

  • Dank der Personalorientierung erhalten Ihre Mitarbeitenden ein vertieftes Wissen rund um das Vorsorgesystem in der Schweiz und können auf dieser Basis erfolgreich die Weichen für ihre finanzielle Zukunft stellen.
  • Wir bieten einen direkten Kontakt zu Experten rund um die berufliche und private Vorsorge. Ob generelle Auskunft oder individuelle Bedürfnisse – wir haben die Antwort auf Ihre Fragen.
  • Sie positionieren sich als sozial engagiertes Unternehmen, das für seine Mitarbeitenden gut vorgesorgt hat.
  • Sie unterstützen Ihre Vorsorgeeinrichtung dabei, deren Informationspflicht BVG gegenüber den Mitarbeitenden zu erfüllen. Im Rahmen einer Personalorientierung werden sämtliche Fragen beantwortet. Wir stehen Mitarbeitenden auch unter vier Augen für eine Beratung zur individuellen Vorsorgesituation zur Verfügung.
  • Schon gewusst? «Vita Mobil» steht nicht nur unseren Kunden zur Verfügung, sondern allen interessierten Firmen in der Schweiz.
Manuel Gerhard
Manuel Gerhard ist Geschäftsführer der Sammelstiftungen Vita Plus, Vita Invest, Vita Select, BVG und Malbun sowie Fachspezialist für alle Themen rund um die berufliche Vorsorge und Sozialversicherungen.
Carlo Hitz
Carlo Hitz ist eidg. diplomierter Pensionskassenleiter, Finance Manager bei der Sammelstiftung Vita und ebenfalls Fachspezialist für alle Themen rund um die berufliche Vorsorge.

Wichtige Vorsorgefragen – und ihre Antworten

Wieso ist in meinem Pensionskassenausweis ein tieferer Umwandlungssatz ausgewiesen als der gesetzliche Umwandlungssatz von 6,8 Prozent?

Der Umwandlungssatz von 6,8 Prozent gilt nur für das BVG-Obligatorium, also das gesetzliche Minimum. Die meisten Versicherten haben jedoch zusätzliches, also überobligatorisches Alterskapital angespart. Die Pensionskassen haben daher die Möglichkeit, für das Gesamtkapital einen sogenannten umhüllenden Umwandlungssatz anzuwenden, der tiefer sein kann. Die 6,8 Prozent auf dem obligatorischen Teil sind aber jederzeit garantiert.

Soll ich bei der Pensionierung für eine Kapitalauszahlung oder eine Rente entscheiden?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt immer auf die individuelle Lebenssituation an. Grundsätzlich gilt die Empfehlung, dass die Fixkosten – wie Miete, Krankenkasse etc. – über eine Rente gedeckt werden sollten. Da es sich aber um eine sehr bedeutende Entscheidung mit weitrechenden Konsequenzen handelt, sollte man sich am besten von einer Fachperson beraten lassen.

Kann ich nach Vollendung des 65. Altersjahres weiterarbeiten?

Ja, falls das Vorsorgereglement der Vorsorgeeinrichtung dies erlaubt (Art. 33b BVG). Es gibt dabei aber einiges zu beachten . Bleiben Sie bei Ihrem bisherigen Unternehmen angestellt, besteht allenfalls auch die Möglichkeit, weiterhin Sparbeiträge in die Pensionskasse einzuzahlen. Dies wird ebenfalls im Vorsorgereglement Ihrer Vorsorgeeinrichtung geregelt.

Personalorientierung mit Vita Mobil

Vita steht für einfache, sichere und klare Lösungen in der beruflichen Vorsorge. Bei einer Personalorientierung kommen unsere Vorsorgeexperten bei Ihnen vorbei und informieren Ihr Personal über die Grundlagen der Sozialversicherungen.

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