Mythos 1: Wir leben alle zu lange – deshalb reicht das Geld nicht mehr
Selbstverständlich spielt es eine Rolle, ob das angesparte Kapital nach der Pensionierung für 10 oder für 20 Jahre Lebenszeit reichen muss. Doch das aktuell grösste Problem der zweiten Säule liegt an anderer Stelle: Die Zinsversprechen aus der Vergangenheit entsprechen schon seit Jahren nicht mehr der Realität. Beispielsweise liegt einem Umwandlungssatz von 6% ein technischer Zinssatz von ca. 3,5% zugrunde. Wird diese Rendite nicht jedes Jahr erzielt, entsteht eine Umverteilung von aktiven Versicherten, also den aktuell Erwerbstätigen, zu Rentnern. Das findet faktisch seit Jahren statt.
Das zweite Problem ergibt sich daraus, dass viele KMU nicht oder zu wenig auf die Anlageseite in der beruflichen Vorsorge achten. Mit einer für das Unternehmen passenden Anlagestrategie können erhebliche Mehrerträge generiert werden. So stellt man sicher, dass den aktiven Versicherten keine Anlagerendite entgeht. Nicht ohne Grund wird der Zinseffekt oft als «dritter Beitragszahler» bezeichnet. Deshalb ist es zentral, dass der Unternehmer bei der Wahl der BVG-Lösung auf eine für seine Firma passende Anlagestrategie setzt.
Erschwerend kommt hinzu, dass verantwortungsvolle Unternehmen mit überdurchschnittlichen Leistungen in der beruflichen Vorsorge häufig solche mitfinanzieren, welche nur Leistungen gemäss dem BVG-Minimum versichern lassen.
Mythos 2: Bei den heutigen tiefen Zinsen lässt sich ohnehin keine Rendite mehr erzielen
Angesichts der regulatorischen Bedingungen und der hohen Garantien im BVG mit Umwandlungssatz und Mindestzins ist es für die Vorsorgeeinrichtungen tatsächlich sehr schwer, eine attraktive Rendite zu erzielen. Denn diese ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden, das eine Pensionskasse nur dann eingehen kann, wenn sie ein attraktives Verhältnis von Aktiven zu Rentnern hat.
Aktuell wird den aktiven Versicherten eigentlich dreimal unfreiwillig Geld vorenthalten:
- Die Restriktionen bei der Anlage und die ungenügende Betrachtung der Risikofähigkeit schmälern die Rendite und damit das künftige Pensionskassenkapital.
- Ausserdem wird von den Anlageerträgen der Pensionskassenguthaben mindestens die Hälfte umverteilt, der Rest fliesst in die Reserven oder wird für Pensionierungsverluste verwendet. Man spricht hier jährlich von mehreren Milliarden Franken, die aufgrund der Umverteilung abfliessen.
- Und weil laufend Erträge nicht gutgeschrieben werden, wächst das Kapital weniger stark an und generiert schmälere künftige Renditen.
Dabei wäre es nach wie vor möglich, Rendite in der beruflichen Vorsorge zu erwirtschaften, wenn die Gelder geschickt angelegt werden und so das Potenzial des eigenen Sparfrankens ausgenutzt werden kann. Wünschenswert wäre auch, dass die Rentner die Chance hätten, von Anlageerfolgen, die ihre Sparguthaben nach der Pensionierung erzielen, zu profitieren. Das lässt sich zum Beispiel durch eine garantierte Basisrente plus Bonuszahlungen aus der Anlagerendite während der Pensionierung realisieren.
So wird den aktiven Versicherten keine Rendite weggenommen, doch die Rentner geben ihr Renditepotenzial nicht ab dem Zeitpunkt auf, an dem ihr Kapital am grössten ist, sondern können nach wie vor von der Rendite ihres Alterskapitals profitieren.