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Mit gutem Gefühl: Nachfolgeregelung in der Familie

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Das Appenzellerland ist bekannt für Tradition und Handwerkskunst, so auch die Schmid Fenster Manufaktur. Die Firma hat sich auf den optischen Nachbau und die Restauration von alten, wertvollen Fenstern spezialisiert und geniesst weit über die Ostschweiz hinaus einen guten Ruf. Seit fünf Jahren führt Sohn Raffael den Betrieb in der dritten Generation. Doch dass die Manufaktur in der Familie bleibt, war nicht immer klar.
«Wenn es Zeit ist, verkaufe ich die Fensterbaufirma», hatte sich Sepp Schmid immer gesagt. Mit viel Liebe zum Detail hatte er das Unternehmen 40 Jahre lang – in der zweiten Generation – erfolgreich aufgebaut. Eine Übergabe an seine vier Kinder war für ihn kein Thema. Viel wichtiger war ihm, dass seine Töchter und Söhne ihren eigenen Weg einschlagen und einen Beruf lernen, der ihnen gefällt. Doch als sich Sohn Raffael für eine Schreinerlehre entschied, kam alles anders. «Plötzlich eröffnete sich eine Möglichkeit, von der ich nicht zu träumen gewagt hatte», erinnert sich Sepp.

Auch der Sohn musste ganz unten beginnen

Bevor Raffael die Firma seines Vaters übernahm, absolvierte er seine Lehrjahre ausserhalb des Familienbetriebs. Im Alter von 23 Jahren begann er schliesslich als Servicemonteur bei Schmid Fenster und durchlief verschiedene Stationen. «Für mich war klar: Auch mein Sohn muss ganz unten beginnen», erzählt Sepp. «Nur so lernt er Handwerk und Betrieb von Grund auf kennen.» Für Raffael war ebenfalls nicht selbstverständlich, dass er den elterlichen Betrieb übernehmen wird. Er hätte sich genauso gut andere Berufe vorstellen können. Was er jedoch nicht vorhatte: in einer Schreinerei Mitarbeiter bleiben. «Ich wollte Handwerkskunst mit Kreativität verbinden. Mir bot sich hier eine einzigartige Möglichkeit, und dafür bin ich sehr dankbar», sagt Raffael. Druck habe er nie verspürt, doch die Verbundenheit mit der Firma habe ihn in seiner Entscheidungsfindung sicherlich beeinflusst.

«Manchmal hätte ich alles hinschmeissen können»

Über Jahre hinweg führten Vater und Sohn die Manufaktur gemeinsam. Nicht immer verlief die Zusammenarbeit harmonisch. Ein erfolgreiches Miteinander erfordert einen offenen Dialog, aber auch eine gesunde Streit- und Fehlerkultur. Raffael erinnert sich: «Ab und zu hätte ich am liebsten alles hingeschmissen. Als Junior im elterlichen Betrieb – das ist nicht einfach. Ich wurde mit Argusaugen beobachtet.» Schliesslich wollte der Vater sein Lebenswerk mit einem guten Gefühl weitergeben und sich seiner Sache ganz sicher sein: Verfügt der Sohn über das nötige Rüstzeug, um die Firma in die Zukunft zu führen? Und vor allem: Lebt er die Firmenwerte? Sepp schmunzelt: «Ich habe Raffael früh Verantwortung übertragen, damit er lernt, mit ihr umzugehen. Selbstverständlich habe ich ihn auch auf die Probe gestellt, denn ich kannte seinen jugendlichen Übermut.» Als für beide klar war, dass eine familieninterne Nachfolge funktioniert, konnte Sepp loslassen. Heute ist er gar der Meinung, dass Raffael der bessere Chef sei – er habe mehr Mut zur Veränderung.

Der ideale Übergabezeitpunkt

Den richtigen Zeitpunkt für die Übergabe eines Familienbetriebs zu bestimmen, ist nicht leicht. Doch auch hier hatte Patron Sepp konkrete Vorstellungen: Wenn möglich, wollte er erst mit 65 kürzertreten. Mit der eigentlichen Nachfolgeplanung hat er mit 60 begonnen – eher spät. Expertinnen und Experten raten, sich möglichst früh mit der Nachfolge zu befassen, doch nicht für alle stimmt dies. Für Sepp und Raffael verlief die Übergabe wenig spektakulär. Der Seniorchef studierte relevante Literatur, der Junior besuchte Seminare und beide berieten sich schliesslich mit Fachleuten aus den Bereichen Treuhand, Banken und Steuern. «Die regionalen Banken kannten die Firma. Dies erleichterte vieles», fügt Raffael hinzu. Bei der Übergabe eines Familienunternehmens stellt sich immer auch die Frage der Gleichbehandlung aller Kinder. «Das Anspruchsvollste war die Kommunikation innerhalb der Familie», betont Sepp. «Ganz wichtig ist, bei der Übergabe den Weg einzuschlagen, dem man innerlich vertraut.»

Geht nicht gibt’s nicht

Das erste Jahr nach der Übernahme verlief weniger erfolgreich als erhofft. Der Übergabeprozess hatte mehr Ressourcen beansprucht als zuvor gedacht. «Für mich persönlich war dies eine enorme Belastung und zugleich frustrierend», erinnert sich Raffael. Der junge Chef hatte von Beginn an in den Maschinen- und Fuhrpark investiert. Altersbedingt musste er Mitarbeitende ersetzen. Dies war auch eine ideale Gelegenheit, um die Vorsorgelösung gemeinsam mit seinem Vorsorgeexperten zu überprüfen und den neuen Strukturen anzupassen. Gemäss dem Motto «Geht nicht gibt’s nicht» nahm Raffael zunehmend auch überregionale Aufträge an. Und diese Anstrengungen zahlten sich aus: Nach dem anspruchsvollen ersten Jahr begann der Betrieb wieder zu wachsen. Per Januar 2019, rund fünf Jahre nach der Übernahme, hatte Raffael schliesslich auch die Rechtsform der Firma geändert. Heute ist die Schmid Fenster Manufaktur eine Aktiengesellschaft. Einiges hat sich verändert, doch Sepp arbeitet mit seinen 70 Jahren noch immer tageweise im Betrieb. Er widmet sich seiner grossen Passion – der Restauration –, übernimmt Sondereinsätze und pflegt noch seine Kundenkontakte. Wenn es brennt, springt er ein. Raffael kann auf seinen Vater zählen. Auf die Frage hin, wie lange er noch weiterarbeiten möchte, schmunzelt Sepp verschmitzt: «Eigentlich könnte es langsam enden.» Loslassen ist kein Problem. Denn Sepp weiss, dass die Manufaktur in den besten Händen ist.

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